5.5.3.1 Das Konzept der Quantenfeldtheorie
Abb. 1 Illustration verschiedener Längenskalen der Teilchenphysik, vom Atom bis zu Quarks.
Eine Grundfrage der Physik seit den Tagen der antiken Philosophie richtete sich auf das Rätsel der Grundbausteine der Wirklichkeit. Der griechische Philosoph Demokrit (* 460 oder 459 v. Chr. in Abdera, Thrakien, † um 370 v. Chr.) fand sie in kleinesten Elementen der Realität, die er „Atome“ nannte. 1
Abb. 2 Demokrit, Kupferstich nach antiker Büste, 18. Jahrhundert
Der geniale englische Physiker und Naturphilosoph Michael Faraday (* 1791, † 1867) führte die „Feldtheorie des Elektromagnetismus (1845-späte 1850er Jahre“) ein. Neben der Teilchentheorie (Atome) stand also nun die abstraktere Feldtheorie der Kräfte. 2
Abb. 3 Michael Faraday, Ölgemälde von Thomas Phillips, etwa 1841/42
DieTeilchentheorie entwickelte sich zum modernen „Standardmodel der Teilchenphysik„, einem Modell, das 18 kleinste Grundbausteinen der Materie und die Vermittler der vier Grundkräfte umfasst: 12 Fermionen (6 Quarks, 6 Leptonen) und 5 Bosonen (4 Austauschteilchen, 1 Higgs Teilchen). [65]3
Abb. 4 Standardteilchen und supersymmetrische Partnerteilchen. Das Prinzip der Supersymmetrie lautet: zu jedem Teilchen gibt es ein supersymmetrisches Partnerteilchen.
Das Standardmodell „beschreibt [also]… Phänomene des Mikrokosmos und beinhaltet die folgenden Teilchenarten: die Teilchen, aus denen Materie aufgebaut ist (Materieteilchen), und die Wechselwirkungen zwischen ihnen, die ebenfalls über kleine Teilchen ablaufen (Kraftteilchen).“ Als weiterer Bestandteil des Standardmodells kam das Higgs-Teilchen hinzu, „das weder Materie- noch Kraftteilchen ist. Laut Standardmodell verleiht das Higgs-Feld den Elementarteilchen ihre Masse.„
Allerdings ist das Standardmodell keineswegs vollständig, da es weitere Aspekte der physikalischen Wirklichkeit nicht berücksichtigt (z.B. Gravitation, das Neutrino, die dunkle Materie und die dunkle Energie). 4
Die moderne Quantenfeldphysik versucht eine Verschmelzung der beiden Grundelemente (Teilchen und Felder). Eine Feld, vergleichbar mit einer den Kosmos durchdringenden „Flüssigkeit“, kann [mathematisch] als Skalar-, Vektor– und Tensorfeld beschrieben werden: „Ein Skalarfeld ordnet jedem Raumpunkt einen Skalar zu, also eine reelle Zahl wie etwa die Temperatur oder das elektrische Potential. Dagegen ordnet ein Vektorfeld jedem Raumpunkt einen Vektor zu, wie etwa beim elektrischen Feld oder dem Geschwindigkeitsfeld einer Strömung. Tensorfelder sind Gegenstand der Kontinuumsmechanik und Allgemeinen Relativitätstheorie. In Quantenfeldtheorien sind die Felder quantisiert.“
Die Quantenfeldtheorie (QFT) zielt darauf ab, „eine Naturkraft mit einem quantisierten Kraftfeld zu beschreiben.“ 5
Durch eine Kombination von „Prinzipien der klassischen Feldtheorien“ und der Quantenmechanik sollen Teilchen und Felder einheitlich dargestellt werden.
Dabei werden beobachtbare Größen, wie Energie oder Impuls, einer Quantisierung unterworfen, z. B. durch Quantelung von Messgrößen (Observablen) und wechselwirkender Teilchen bzw. Felder. Observablen und Felder werden als äquivalent behandelt. 6
Spezielle Relativitätstheorie (SPR) und Quantentheorie (QT) erfassen unterschiedliche Bereiche der physikalischen Wirklichkeit. Die SPR findet ihre Anwendung bei der Beschreibung der Raumzeit, wohingegen die Quantentheorie sich zunächst auf das „physikalische Verhalten von Teilchen“ bezieht.
Die Unvereinbarkeit beider Theorien führte zu dem Versuch der Physik SRT und QT in Einklang zu bringen, allerdings zunächst mit dem inakzeptablen Ergebnis des Auftretens negativer Energien.
Als Lösung dieses Problems wurde schließlich die Existenz von Antiteilchen (z.B. Elektronen ↔ Positronen) abgeleitet. Dabei sind Quanteneigenschaften (elektrische Ladung, magnetisches Moment und alle ladungsartigen Quantenzahlen, etc.) eines Teilchens und seines Antiteilchens gleich, Masse, Lebensdauer, Spin sowie Art und Stärke der Wechselwirkungen eines Teilchens und seines Antiteilchens sind hingegen entgegengesetzt gleich. 7
Ein weiteres Problem ergab sich aus der „Heisenbergschen Unschärferelation„.
Sie ermöglichte die sogenannte „Vakuumpolarisation„, d.h., im Fall einer Energie-Zeit Unschärfe für eine sehr kurze Zeit können aus dem Vakuum Energiequanten (virtuelle Teilchen und ihre Antiteilchen) paarweise auftauchen, um sich dann sofort gegenseitig zu vernichten (annihilieren). Physiker sprechen hier auch von Vakuumfluktuationen.8
Bei virtuellen Teilchen des Quantenvakuums erweist sich die mögliche Energiebilanz als unendlich.9 Zur Lösung des Problems unendlicher Vakuumenergie gelangte man durch die Formulierung sogenannter Eichtheorien, die eine mathematisch konsistente Beschreibung von bekannten empirischen Fakten ermöglichten, wie das berühmte Standardmodell der Elementarteilchen.
Die bekannten Quantenfeldtheorien lieferten in den 1920er Jahren die Grundlage für das Standardmodell: Die Quantenelektrodynamik (QED) umfasst eine Beschreibung der Wechselwirkung zwischen den Trägern der elektrischen Ladung. Die Radioaktivität (z.B. Beta-Zerfall) wird durch die schwache Wechselwirkung beschrieben. Die Quantenchromodynamik (QCD), beschreibt die starke Wechselwirkung zwischen den Kernkräften und den Zusammenhalt der Protonen und Neutronen (Nukleonen).
Als schwierigstes Problem erwies sich bisher die Quantisierung der Gravitation durch eine Quantenfeldtheorie.
Es liegen bisher zwei Versuche der Quantisierung des Gravitationsfeldes vor: die Stringtheorie und die Loop-Quantengravitation Die Stringtheorie bildete zunächst die Grundlage für die Entwicklung des holografischen Modells des Universums. (vgl. 5.1. Das holografische Prinzip und 5.6 Holografische Quantengravitation). Während die Stringtheorie den Anspruch erhebt eine „Theorie von Allem“ zu sein, liefert die Loop-Quantengravitation eine mit der Allgemeinen Relativitätstheorie Einsteins kompatible Quantisierung des Raumes und der Zeit und ist auch auf neuere Fragen der Kosmologie (z.B. „Big Bounce“ statt „Big Bang„) anwendbar.
„Diese Theorien werden [neben der holografischen Theorie der Gravitation (vgl. 5.6)] intensiv erforscht und bislang ist nicht klar, welche die Gravitation im Regime kurzer Abstände und starker Gravitationskräfte gut beschreibt.“ 10
- Artikel, „Demokrit“, in: Wikipedia, [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Demokrit ↩︎
- Artikel, „Michael Faraday“, in: Wikipedia, [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Michael_Faraday ↩︎
- Artikel, „Standardmodell der Teilchenphysik“, in: Wikipedia, [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Standardmodell_der_Teilchenphysik ↩︎
- Artikel „Das Standardmodell der Teilchenphysik“, in: Weltmaschine, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.weltmaschine.de/physik/standardmodell_der_teilchenphysik/ ↩︎
- Andreas Müller, „Quantenfeldstheorie“, in: Astro Wissen, Astro Lexikon Q 1, August 2007, S. Q, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.spektrum.de/astrowissen/lexdt_q.html#LettQ ↩︎
- Artikel „Quantenfeldtheorie“, in: Spektrum.de, Lexikon der Physik, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/quantenfeldtheorie/370 ↩︎
- Artikel „Quantenfeldtheorie“, in: Wikipedia, [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Quantenfeldtheorie ↩︎
- vgl. Andreas Schäfer, Quantenfeldtheorie – was ist das? [Digitale Ausgabe], URL: https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/quanteneffekte/quantenfeldtheorie/ ↩︎
- Artikel „Quantenfeldtheorie“, in: Lexikon der Astronomie, Spektrum.de, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/quantenfeldtheorie/370 ↩︎
- Ib, ↩︎




