5.4.3.2 Das Informationsparadox Schwarzer Löcher
Die Hawking-Strahlung. Stephen Hawkings These (2005), dass jegliche Materie und Energie, die in einem Schwarzen Loch verschwinden, für alle Zeit verloren seien, führte zu einer intensiven Kontroverse, da sie gegen den Informationserhaltungssatz aber auch gegen das quantenmechanische Prinzip der Reversibilität (der Schrödingergleichung) verstieß.
Es besagt: „Wenn ein Teilchen mit einem anderen in Wechselwirkung tritt – mag es absorbiert oder reflektiert werden oder gar in andere Teilchen zerfallen -, läßt sich die ursprüngliche Teilchenkonfiguration stets aus den Endprodukten rekonstruieren.[1
Hawking hatte 1975 entdeckt,“dass man jedem Schwarzen Loch eine Temperatur zuordnen kann, die proportional zu seiner Oberflächengravitation ist [vgl. Fußnote 20] bzw. invers mit der Masse des Schwarzen Loches skaliert. Die Temperatur eines Schwarzen Loches nennt man Hawking-Temperatur, und sie ist demnach höher für kleine, leichte Schwarze Löcher…“.
Schwarze Löcher senden also eine thermische Strahlung aus und können daher bei zunehmendem Verlust ihrer Masse über astronomische Zeiträume (Billionen Jahre) verdampfen. Dies hätte allerdings zur Folge, dass gemäß der Hawking These (vgl. oben) bei Erreichen der Masse Null auch die von ihnen zuvor aufgenommene Information unwiederbringlich verloren wäre.2
Der 2. Hauptsatz der Thermodynamik besagt, dass die Entropie eines geschlossenen Systems (e.g. die Summe der in einem Schwarzen Loch enthaltenen Mikrozustände bzw. Qubits) nicht abnehmen oder verloren gehen kann (wie Hawking 2005 behauptet hatte). Hawkings These widersprach zwar dem quantenmechanischen Informationserhaltungstheorem (vgl. 5.2 Entropie und Information).
Dennoch schien mit dem Verschwinden von Materie bzw. Energie in einem Schwarzen Loch auch die darin enthaltene Entropie (Information) verloren zu gehen.
Die Bekenstein -Hawking Entropie. Die Hawking – Temperatur kann in Analogie zum thermodynamischen Temperaturbegriff betrachtet werden (vgl. auch 5.2), wenn man die entsprechenden Begriffe der Hauptsätze der Thermodynamik auf ein Schwarzes Loch anwendet. So wächst z.B. die Fläche des Ereignishorizontes sowohl mit der Masse des Schwarzen Loches als auch mit seinem Drehimpuls (bei rotierenden Schwarzen Löchern).3
Bei der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher zeigt sich, dass die Oberfläche des neuen Horizontes „größer ist, als die Summe der Flächeninhalte der einzelnen, kollidierenden Schwarzen Löcher. Das gilt auch bei den Entropien zweier verschmelzender Systeme. Die Entropie wird als proportional zu der Horizontoberfläche angenommen.“4
„Die Lösung dieses Problems lieferte der israelisch – amerikanischer Physiker Jakob Bekenstein (1947 – 2015), der sich seit 1980 damit beschäftigte, nach einer allgemeinen Obergrenze der Informationskapazität eines abgeschlossenen Systems (eines Raumes oder einer Raumregion) zu suchen.
Er gelangte schließlich zu der These, „dass die ‚verlorene‘ Entropie durch die Zunahme der Entropie des Schwarzen Loches kompensiert [würde]. Allgemeiner formuliert: Die Summe der Entropien Schwarzer Löcher plus der gewöhnlichen Entropie außerhalb der Schwarzen Löcher kann nicht abnehmen. Dies ist der ‚Verallgemeinerte Zweite Hauptsatz‚.
Er hat eine Reihe strenger Tests – wenngleich rein theoretischer Natur – bestanden. ..[23]5
Wenn ein Stern zu einem Schwarzen Loch kollabiert, übertrifft dessen Entropie jene des Sterns bei weitem… Das Christodoulou-Hawking-Theorem versagt angesichts dieses Phänomens, denn die Masse des Schwarzen Lochs nimmt durch das Abstrahlen von Energie ab, und damit schrumpft auch sein Ereignishorizont.
Der Verallgemeinerte Zweite Hauptsatz hat hingegen kein Problem mit der Hawking-Strahlung: Durch die Entropie der frei werdenden Strahlung wird die Abnahme der Entropie des Schwarzen Lochs mehr als kompensiert.“ [24]6
- Leonard Susskind, „Das Informationsparadoxon bei Schwarzen Löchern“, Spektrum.de, Heft 01.06.1997, [Digitale Ausgabe], URL:“, Spektrum.de, Heft 01.06.1997, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.spektrum.de/magazin/das-informationsparadoxon-bei-schwarzen-loechern/823827 ↩︎
- Ib. Die Oberflächengravitation eines Körpers entspricht der Beschleunigung, g, abhängig von dem Quotienten aus der Masse (m) und dem Quadrat des Radius (r2) des Körpers , vgl. Oberflächengravitation ↩︎
- Ib.; vgl. auch Artikel „Hawking-Temperatur“, Spektrum.de, Lexikon der Astronomie, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/hawking–temperatur/170 ↩︎
- JArtikel „Bekenstein – Hawking Entropie“, Spektrum.de, Lexikon der Astronomie, [Digitale Angabe]l ↩︎
- Jakob D.Bekenstein, „Das holografische Universum“, Spektrum.de, Lexikon der Astronomie, 2003, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.spektrum.de/magazin/das-holografische-universum/830304 ↩︎
- lb. ↩︎
