8.2.2 Entstehung und Entwicklung eines bewussten,
rational und zielgerichtet handelnden quasi-göttlichen
Agens
- Die übernatürliche Entstehung eines quasi-göttlichen Agens
(„Erlösergottes“)?
Wir schließen eine übernatürliche, i.e. unphysikalische Erklärungen der Entstehung eines quasi-göttlichen Agens von vornherein aus:
- wie etwa eine AD -HOC „Selbstschöpfung Gottes“ aus dem Nichts („Deus-ex-machina„), denn das Prinzip „Nihil ex nihilo fit“ (Nichts entsteht aus Nichts“) sollte zunächst in einer physikalischen Beschreibung und Erklärung der Wirklichkeit auch für die Entstehung einer „göttlichen“ Entität gelten.
- Oder die eternalistische Permanenz einer omnipräsenten und omniszienten Entität vom Anbeginn der Zeit („Von Ewigkeit zuz Ewigkeit„; Lutherbibel, Hebr 1,8).
- Die Entstehung einer derartigen göttlichen Entität wäre eher – wenn auch sehr spekulativ – über die Äonen eines quasi-ewigen Vorzeit des Universums/Multiversums als „zufällige Enstehung“ aus dem Quantenschaum des Multiversums vorstellbar.
Letztendlich sollte jedenfalls die (natur)wissenschaftliche Beantwortung der Frage nach der Entstehung eines göttlichen Agens auf eine mögliche, wenn auch hypothetische physikalische Genesis eines „Erlösergottes“ beschränkt sein.
2. Die „natürliche“ (physikalische) Entstehung eines
quasi-göttlichen Agens
a) Entwicklung eines „Erlösergottes“ auf der Grundlage
der „kosmischen Vererbungs“- Hypothese Lee Smolins
Abb. 1 Lee Smolin an der Harvard University (2004)
Als Voraussetzung für die mögliche Entstehung einer kosmischen Divinität könnte auf Lee Smolins Hypothese einer „kosmologischen Vererbung„ von Eigenschaften eines Mutter- auf ein Tochteruniversum herangezogen werden, sowie die auf Quantenverschränkung und Superposition beruhenden Prozessphysik (vgl. 7.2.4). Sie könnten „ein zusammenhängendes Verständnis des Holismus, der Koevolution und der Selbstorganisation als treibende, kreative Kräfte der Evolution.“ generieren. 1
„[Der amerikanisch-russische Physiker] Lee Smolin (*1955-) stellt [in seinem Buch „The Life of the Cosmos„, 1997] die Behauptung auf, dass unser Universum zwar auf Naturgesetzen aufgebaut ist, diese physikalischen Gesetze aber selbst das Ergebnis einer Evolution sind.
Somit würde unser Kosmos mit anderen Universen in einem Multiversum koexistieren, die aufgrund eines (zufälligen) Auswahl-Prozesses ganz anderen Naturgesetzen unterliegen. Die Verbindung der Universen stellten schwarze Löcher dar, die mit ihrem Kollaps [z. B. durch die Entstehung Weisser Löcher, d.V.] neue Universen entstehen lassen.“ (vgl. 5.7) 2
Das Ergebnis einer derartigen kosmologischen Entwicklung wäre, nach Smolin, dass die „aus massiven Schwarzen Löchern eines Universums [entstandenen] neue[n] ‚Baby-Universen‚ .. wesentliche Eigenschaften der ‚Mutter-Universen‚ übernehmen.
Auf diese Weise würde es zu einer ‚kosmologischen Evolution‚ kommen, bei der sich ‚erfolgreiche‘ Universen (z. B. in Hinsicht auf Langlebigkeit und damit die Möglichkeit, mehr Schwarze Löcher zu erzeugen) gegenüber anderen durchsetzen.]3
Das jeweilige Zusammenwirken „günstiger“ Grundkonstanten und Parameter kann nach Smolin dann dazu führen, dass in einem Universum, dass durch die Existenz zahlreicher Schwarzer Löcher gekennzeichnet ist, wie zum Beispiel in unserem Heimatkosmos, schließlich Leben und zunehmend komplexere Formen von Bewusstsein entstehen.
Die Entstehung von Leben wäre somit kein Zufall, sondern Resultat einer „natürlichen kosmischen Auslese“. Diese Hypothese ist jedoch“ laut Smolin „nicht komplett beweisbar.“4
b) Die Emergenz eines „Gesamtsinns“ des Universums auf
der Grundlage der „Selbst-Organisation“ komplexer
Systeme
Abb. 2 Ilya Prigogine (1977)
Der russisch-belgische Chemiker und Nobelpreisträger Ilja Prigogine (1917 – 2003) versuchte auf der Basis der Selbstorganisation von komplexen Systemen einen ‚Gesamtsinn‘ in der Entwicklung des Universums auf rein wissenschaftlicher Basis zu erkennen.]5
Prigogine beschrieb „erstmals die Thermodynamik auf Systemen fern vom thermodynamischen Gleichgewicht… Im Durchfluss von Energie, der ein System vom Gleichgewicht fernhält, herrschen Bedingungen, die Ordnung und stabile Strukturen entstehen lassen können, sogenannte dissipativen Strukturen.
Am Beispiel chemischer Uhren, in denen sich Moleküle kohärent verhalten, dem Glycolysezyklus und anderen geordneten und ordnenden chemischen Systemen, die in verschiedenen Ausprägungen charakteristisch für die chemische Ebene von Organismen sind, konnte Prigogine die Entstehung höherer Ordnungsniveaus aus einfachen, chaotischen Grundzuständen mathematisch beschreibt.“6
Auf der Grundlage der Arbeiten Prigogine entwickelte auch der österreichische Astrophysiker Erich Jantsch (1929-1980) in seinem letzten Buch The Self-Organizing Universe „… erstmals ein zusammenhängendes Verständnis des Holismus, der Koevolution und der Selbstorganisation als treibende, kreative Kräfte der Evolution.„7
Ein für die Entwicklung von Leben und Bewusstsein enstandene „günstige“ Konstellation von Naturkonstanten kann vielleicht „physikalisch“ noch überzeugender durch die moderne Theorie der Entstehung eines „Kosmos aus dem Multiversum“ beschrieben werden (vgl. 5.6.8.2).
c) Die holografische Quantenerlösung
Erschaffung und Entwicklung eines zukünftigen quasi-göttlichen Agens (Omega -Erlösers) durch geistige Entitäten (z.B. Mensch) im Kontext einer technologischen Singularität (vgl. 8.2.3 bis 8.2.8.3)
- Artikel „Lee Smolin“, in: Wikipedia, [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Lee_Smolin ↩︎
- Mark Germine, The Next Scientific Revolution: A New Theory of Mind, Evolution and Quantum Reality Based on Process Metaphysics, Psychoscience, Abstract, [Digitale Ausgabe], URL: https://201204151333_DPs_Vol2010-2011_9.pdf ↩︎
- Artikel „Lee Smolin, in: „Wikipedia, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Lee_Smolin ↩︎
- Artikel „Warum gibt es die Welt?“, in: „Wikipedia, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Warum_gibt_es_die_Welt%3F ↩︎
- Ib. ↩︎
- Artikel „Ilya Prigogine“: in: Chemie.de, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.chemie.de/lexikon/Ilya_Prigogine.html ↩︎
- Artikel „Erich Jantsch“ [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Jantsch ↩︎


