4.2 Viele-Welten Interpretation versus
Kopenhagensche Interpretation
Im Unterschied zur Kopenhagenschen Interpretation der Quantenmechanik (Niels Bohrs/Werner Heisenbergs) geht Everett also davon aus, dass die Messung einer Quanteneigenschaft (z. B. des Spins eines Elektrons) nicht das Ergebniss eines „Kollapses der Wellenfunktion“ des Quantenteilchens ist, der die Messung einer konkreten Spinrichtung („up“ oder „down“) erst ermöglichen soll.
Vielmehr wird nach Everett (vgl. 3.2) jede der zahllosen Spinrichtungen, die in der Quantenwelle eines Elektrons kodiert (überlagert) sind, in einem eigenen „Zweig“ der Wirklichkeit realisiert und ist damit mit einem eigenen Messwert verbunden.
Everett zielte darauf ab, die Quantenmechanik nur aus der Entwicklung eines Zustandes gemäß der Schrödinger Gleichung zu rekonstruieren, der genauesten und erfolgreichsten Gleichung der Quantenmechanik, die nur eine deterministische Entwicklung der Wellenfunktion, aber keinen Wellenkollaps vorsieht.
Everett verzichtet also daher auf das Kollapspostulat der Kopenhagener Interpretation.
Er legt vielmehr Wert darauf, dass der Wellenfunktion keine „a-priori-Interpretation“ zukommt, diese müsse erst „aus der Korrespondenz mit der Erfahrung gewonnen werden.“ Der Rahmen der Interpretation sei allerdings durch die Theorie bestimmt.2
Everett betont, dass auch eine Beschreibung des Beobachters im Rahmen der Theorie notwendig sei. Im Unterschied zu der dualistischen Kopenhagenschen Deutung (einem Dualismus von quantenphysikalischem Mikrokosmos <—–> und klassischem Makrokosmos) strebt Everett eine einheitliche Quantenmechanik an, die ohne Zusatzannahmen (wie dem Wellenkollaps) auskommt und einen reinen Quantenkosmos beschreibt.
- Phillip Ball, „Why the Many Worlds Interpretation has many problems,“
Quanta Magazine, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.quantamagazine.org/why-the-many-worlds-interpretation-of-quantum-mechanics-has-many-problems-20181018/ ↩︎
