3.3 Das Verschränkungsprinzip
Zur Verdeutlichung des quantenphysikalischen „Verschränkungsprinzips“ nehme man z. B. zwei Elektronen, die miteinander wechselgewirkt haben (z.B. Elektronen aus Cooper – Paaren), die bei sehr tiefen Temperaturen bereits „inhärent verschränkt“ sind. Ein Elektron mit dem Elektronen Spin-Up (vgl. 1.2)1 verbleibt im Labor, das zweite Cooper – Elektron mit Spin-Down ist auf Grund der inhärenten Wechselwirkung mit dem Elektron Spin-Up verschränkt (vgl. auch Abb. 1).
Das Elektron Spin-Down wird nun in einer „angemessenen“ Entfernung von Elektron Spin-Up positioniert (Die Entfernung von Elektron Spin-Up könnte z. B. auch Millionen Lichtjahre betragen). Dann wird das Elektron Spin-Up im Labor so manuliert, dass es seine Spinrichtung in Spin-Down verändert.
Das rätselhafte Ergebnis dieser Manipulation besteht nun darin, dass das weit entfernte zweite Elektron mit Spin-Down instantan, also unmittelbar, seinen Spin in die entgegengesetze Spinrichtung (also von Spin-Down zu Spin-Up) verändert, was bei einer Entfernung des ursprünglichen Spin-Down Elektrons, z. B. 2 Mio Lichtjahre, vom Spin-Up Elektron im klassischen Sinne nur durch eine Informationsübertragung mit Überlichtgeschwindigkeit möglich wäre. Dies ist aber nach der Speziellen Relativitätstheorie Einsteins ausgeschlossen (Konstanz der Lichtgeschwindigkeit: 300.000 Km/sek).
Abb. 1. „Stellen Sie sich folgende Situation vor: ein Teilchen („Source“) mit dem Spin 0 zerfällt in zwei Teilchen (A und B), jeweils mit Spin 1/2. Auf Grund der Tatsache, dass der Drehimpuls des Spins während des Zerfalls erhalten werden muss, muss er wenn anfänglich der gesamte Drehimpuls des Spins 0 war, nach dem Zerfallsprozess immer noch 0 sein. Daher haben die Teilchen A und B einen gegensätzlichen Spin.
Nehmen Sie als Beispiel die Aufspaltung eines angeregten Wasserstoff-Moleküls in zwei Wasserstoff-Atome. Wenn der Zerfallsprozess den gesamten Drehimpuls nicht verändert, dann werden die Spins der Wasserstoff-Atome gegensätzlich korreliert sein. Wann immer man feststellt, dass eine Messung des Spins von A bezüglich der z-Achse positiv ist (wir bezeichnen diesen Zustand des Spins als │↑>), dann können wir schließen, dass der Spin des Teilchens B negative ist (│↓>) und dies trifft unabhängig von dem Abstand zwischen den beiden Teilchen zu. Der Spin der beiden Teilchen ist dann verschränkt.“2
Die quantenphysikalische „Erklärung“ der Verschränkung eines Cooper Paars liegt darin, dass die beiden Elektronen, vor der Entstehung des Cooper – Paares zwar jeweils durch eine eigene Quantenwelle definiert waren, nach ihrer Verschränkung qua Wechselwirkung jedoch ein gemeinsames Quantenobjekt darstellen, das durch eine gemeinsame Quantenwelle bestimmt ist. Das Quantenphänomen der Verschränkung wurde durch Experimente mehrfach bestätigt.
Einstein bezeichnete „Quantenverschränkung“ bekanntlich als „spukhafte Fernwirkung“ und bemühte sich daher in seinem EPR – Experiment die nichtlokale Fernwirkung durch die Annahme verborgener Variablen zu vermeiden und die Quantentheorie als „unvollständig“ zu relativieren.3
Der irische Physiker J. S. Bell (1928 – 1990) bewies jedoch mit seiner „Ungleichung“, das Einstein mit seinem Konzept falsch lag. Bell zeigte, das wegen bestimmter Grundannahmen der Quantenmechanik ein Widerspruch zwischen der gleichzeitigen Gültigkeit von „Realismus“ und „Lokalität“ folgt: Entweder man gab das Prinzip des physikalischen Realismus auf, dass nämlich Messungen nur physikalische Eigenschaften ermitteln, die unabhängig vor der Messung existieren, oder man stellte die Lokalität physikalischer Ereignisse infrage.
Lokalität liegt dann vor, wenn die physikalische Beziehung zweier Ereignisse kausal möglich ist (Ursache und Wirkungszusammenhang).4
Genau dies ist jedoch bei dem Verschränkungsprinzip nicht der Fall, da z. B. der oben beschriebene instantante Spinwechsel kausal nicht möglich ist (Verletzung der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit).
Neuer Größenrekord in der Quantenphysik: Zwei Physikergruppen ist es erstmals gelungen, Objekte von fast makroskopischer Größe miteinander zu verschränken. Die beiden Forschergruppen erzeugten eine quantenphysikalische Kopplung zwischen zwei vibrierenden Objekten, die rund ein Dutzend Mikrometer groß waren. „Die Verschränkung dieser mechanischen Oszillatoren verschiebt die bisherige Grenze dieses quantenphysikalischen Phänomens und eröffnet neue Anwendungen, so die Forscher im Fachmagazin ‚Nature‘.“5
Der amerikanische Quantenneurologe Sirajul Husain stellte fest: „Die beschriebenen quantenphysikalischen Phänomene und ihre theoretische und später auch experimentelle Verifizierung bedeuten, dass die Quantenmechanik tatsächlich auf Nicht – Lokalität beruht, es sei denn, man würde das unverzichtbare Prinzip des Realismus aufgeben. Somit scheint die Quantenphysik einen inneren nichtlokalen Zusammenhang zwischen Materieteilchen (Elektronen, Photonen, etc.) zu begründen (vgl. „Holismus„), aber dieser Holismus muss scheinbar, wie das oben erwähnte Experiment nahelegt, auch auf den Makrokosmos ausgedehnt werden, zumal makroskopische Objekte schließlich ja auch aus Quantenteilchen bestehen…
Eine epistemologisch plausible Erklärung der Nicht-Lokalität, so stellen wir fest, würde eine Untersuchung der scheinbar ‚bewussten‘ Natur der nicht-lokalen Korrelation [z.B.] zwischen zwei verschränkten Photonen erfordern, ohne jedoch die klassische Physik zu verletzen, paradoxerweise trotz der vorherrschenden empirischen Evidenz, die eine ‚Aktion über eine Distanz‘ bestätigt. Da in der Natur kein Signalsystem bekannt ist, das sich schneller als die die Lichtgeschwindigkeit bewegt,schlussfolgern wir, dass es einen neue vereinigende Kraft gibt, so wie das wohlbekannte Phänomen der ‚Ganzheit‚ [S. 75] bzw. alternativ die Einheit [ S. 75] des Bewusstseins, die vielleicht für die nicht-lokale Korrelation über willkürliche Distanz]en verantwortlich ist.“6
- Michael Hartwig, Cooper – Paare, 1998, Universität Frankfurt, S. 1 [Digitale Ausgabe], URL: https://itp.uni-frankfurt.de/~hees/faq-pdf/cooper.pdf ↩︎
- ERC Storys – Wie man zwei Elektronen verschränkt … immer und immer wieder, Szabolcs Csonka, CORDIS, Forschungsergebnisse der EU, Europäisched Kommission, [Digitale Ausgabe], URL: https://cordis.europa.eu/article/id/90196-erc-stories-how-to-entangle-two-electrons-and-do-it-again-and-again/de ↩︎
- Artikel „Bellsche Ungleichung“, in: Wikipedika, [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Bellsche_Ungleichung ↩︎
- Ib. ↩︎
- Verschränkung wird (fast) makroskopisch: Forscher verschränken mechanische Oszillatoren in Mikrometer-Größe, in: SCINEXX, Das Wissensmagazin, 27. April 2018, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.scinexx.de/news/technik/verschraenkung-wird-fast-makroskopisch/; vgl. Originalartikel der Forschungsgruppe in „Nature“, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.nature.com/articles/s41586-018-0036-z ↩︎
- Sirajul Husain,“Universal Field of Quantum Consciousness: An Ontological Nexus of Classical and Quantum Physics“, in: NeuroQuantology, September, 2010?, Vol 8, Issue 3, Page 279-286, here: p.279, [Digitale Ausgabes]: URL: https://www.researchgate.net/publication/273216505_Universal_Field_of_Quantum_Consciousness_An_Ontological_Nexus_of_Classical_and_Quantum_Physics ↩︎

