5.5.1 Die holografische Dualität
Mitte der 1990er Jahre wurde von Leonard Susskind und Willy Fischler (geb. 1949) der Versuch unternommen, das aus der Thermodynamik Schwarzer Löcher entwickelte holografische Prinzip, „manchmal auch ‚holografische Dualität‚ genannt…“1 im Kontext der Stringtheorie auf den gesamten Kosmos auszudehnen (kosmologisches holografisches Prinzip).2
Abb. 1 zeigt das (2+1) dimensionale Model eines holografisches Universums, das durch Projektion der auf der zweidimensionalen Fläche kodierten verschränkten Quanteninformationen in ein dreidimensionales Volumen (Bulk: unser reales 3-D Universum) entsteht. Die dreidimensionale Bulk – Welt emergiert also aus der zweidimensionalen Grenzfläche, die durch eine Quantenfeldtheorie bestimmt ist, Zeit und Raum wären abgeleitet, nicht fundamentale Größen.
„Das von Susskind und Fischler vorgeschlagene kosmologische holografische Prinzip wurde in (2+1) bzw. (3+1) dimensionalen kosmologischen Modellen für alle flachen und offenen Universen erfüllt.]3
Die Entdeckung der sogenannten „Dualitäten“ (vgl. 5.4.2) war eine der bedeutendsten Ergebnisse der M – Theorie. Stringtheoretiker wie Edward Witten (geb. 1951) fanden heraus, dass die bisher bekannten fünf verschiedenen Versionen der Stringtheorie durch mathematische Transformationen zu der vereinheitlichten M-Theorie verbunden werden konnten.4
„Bei einer … Dualität [z.B. zweier Systeme] kann das Verhalten eines Systems mathematisch äquivalent durch das andere System beschrieben werden, selbst wenn die Dynamik eines der Systeme wesentlich komplizierter erscheint als das andere.“5
Die für die Theorie der Quantengravitation besonders vielversprechende „holografische Dualität„ beschreibt eine solche Korrespondenz zwischen einer Theorie, die sich auf ein Gravitationssystem (Bulk) bezieht, also z. B. unsere gekrümmte (dreidimensionale) Raumzeit, wie sie die Allgemeine Relativitätstheorie“ Einsteins zulässt und einer zweiten, dualen Theorie, die sich auf eine Quantenfeldtheorie (QFT) bezieht (vgl. 5.4.3), also auf der entsprechenden zweidimensionalen Oberfläche (Sphäre) eines dreidimensionalen Gravitationssystem „lebt“ (vgl. Abb. 1, oben).
Die holografische Dualität eröffnet mithin die Möglichkeit, eine (komplexe) Gravitationstheorie mit Hilfe einer (einfacheren) Quantenfeldtheorie, die eine Dimension weniger besitzt und keine Gravitation beinhaltet, zu beschreiben.
Unser Universum ist jedoch ein vierdimensionales System mit 3 Raumdimensionen und einer Zeitdimension.
Wäre unser Universum tatsächlich holografisch, dann müsste es Naturgesetze geben, die auf einer 3-D Grenzfläche unseres Universums wirksam sind und mathematisch der 4-D Physik unseres Universums entsprechen. Für eine solche Physik gibt es tatsächlich bereits vielversprechende Ansätze.
- Osaka University, „Black hole holograms“, ScienceDaily, 20. AUGUST 2019, [Digitale Ausgabe], URL: . Es wird auch als „holographische Dualität“ bezeichnet weil es an eine zweidimensionale holographische Platte erinnert, die die gesamte Information eines dreidimensionalen Objektes beinhaltet. ↩︎
- Andrew Zimmerman Jones, Daniel Robbins, Stringtheorie für Dummies, 2009, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.dummies.com/education/science/physics/string-theory-insight-from-the-holographic-principle/ ↩︎
- Ib. ↩︎
- Artikel „M-Theorie“, in: Lexikon der Astronomie, Spektrum.de, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.spektrum.de/lexikon/astronomie/m-theorie/282 ↩︎
- „Ein Hologramm aus Quanten: Theoretische Physiker der Freien Universität Berlin entwickeln neue Methoden für holografische Dualitäten“, Freie Universität Berlin, Pressemitteilungen, Nr. 233/2019 vom 09.08.2019, [Digitale Ausgabed], URL: https://www.fu-berlin.de/presse/informationen/fup/2019/fup_19_233-studie-hologramm-aus-quanten/index.html#:~:text=Die%20vielleicht%20wichtigste%20Entdeckung%20der%20Stringtheorie%20ist%20jedoch,der%20Systeme%20wesentlich%20komplizierter%20erscheint%20als%20das%20andere; Studie: A. Jahn1 *, M. Gluza1, J. Eisert1,2,3 „Holography and criticality in matchgate tensor networks“, ScienceAdvances, 09 Aug 2019, Vol. 5, No. 8, [Digitale Ausgabe], URL: https://advances.sciencemag.org/content/5/8/eaaw0092 ↩︎

