5.6.6.4 Ist der De-Sitter Raum holografisch?

Abb. 1 Gary Gibbons in der Harvard-Universität
Abb. 2 Stephen Hawking (um 1980)
Bereits im Jahr 1976 legten G.W. Gibbons und S.W. Hawking in ihrem wegweisenden Aufsatz „Cosmological event horizons, thermodynamics, and particle creation„ dar, „dass der kosmologische Horizont thermodynamische Eigenschaften mit dem Horizont Schwarzer Löcher teilt.“1
Da in einem „De-Sitter Raum die Zukunftsunendlichkeit raumartig ist, … gibt es für jeden [inertialen] Beobachter, der sich auf einer zeitartigen Weltlinie bewegt, einen Ereignishorizont (cosmological horizon), der die Region der Raumzeit von ihm trennt, die der Beobachter niemals von der Region sehen kann, welche er sieht, wenn er lange genug wartet. Mit anderen Worten, der Ereignishorizont ist die Grenze der Vergangenheit der Weltlinie des Beobachters.“2
Ein inertialer, i.e. nicht beschleunigter Beobachter innerhalb der Raumzeit, würde an seinem kosmologischen Ereignishorizont (cosmological horizon) (auch „Partikelhorizont„) eine thermische Strahlung (10-28 Grad Kelvin) beobachten können, die proportional ist zu dem Inversen des dS Radius l ist und damit eine thermodynamische Entropie besitzt, die das Bekenstein-Hawking Flächengesetz erfüllt und als Gibbons-Hawking Entropie SH = (4Għ]-1 kc3AH bezeichnet wird.
Diese beschreibt den „.. Mangel an Information des Beobachters über die Regionen des Universums, die er nicht sehen kann.“3 SH bezeichnet die Entropie des kosmologischen Ereignishorizontes (Partikel Horizontes), G ist die Newtonsche Gravitationskonstante, ħ bezeichnet die das durch 2π geteilte Plancksche Wirkungsquantum, k ist die Boltzmann Konstante, c die Lichtgeschwindigkeit und AH die Fläche des kosmologischen Horizontes (AC = 12π Λ-1).
Die Gibbons-Hawking Entropie hat den unvollstellbare Wert von 1010120 Mikrozustände auf der sphärischen Fläche des kosmologischen Ereignishorizontes unseres heutigen beobachtbaren Universums mit einem Durchmesser von ca. 92 Milliarden Lichtjahren.4
Die Tatsache, dass ein inertialer Beobachter also „in einem beschleunigt expandierenden Universum lebt, bedeute, dass er nur zu einer Unterregion der gesamten DS – [insgesamt 4 Bulk-Regionen, vgl. Abb. 4 (a)] – Zugang haben bzw. kausal mit ihr verbunden sein kann, dem „kausalen Diamanten„, i.e. der Region der Minkowski Raumzeit, definiert durch die Überschneidung des Vergangenheits– und Zukunftslichtkegels zweier „Ereignisse„, p und q, (vgl. Abb. 3).
Der kausale Diamant ist also für einen inertialen Beobachter von einem kosmologischen Ereignis-Horizont umgeben, der für ihn die Grenze seines „beobachtbaren Universums“ markiert, für einen heutigen Beobachter ist der Horizont des maximalen kausalen Diamanten ≈ 46 Milliarden Ljr entfernt. (vgl. weiter unten).5

Abb. 3 zeigt den „3-dimensionale Anblick eines Alexandrow Intervals (kausaler Diamant) mit zwei räumlichen Dimensionen plus Zeit. [„Wenn q die Zukunft von p ist, gibt es mehrere Weltlinien, die sie verbindet, sonst ist die gesamte Region C(p,q) leer oder entartet.“] In dem Beispiel sind Vergangenheits- und Zukunftslichtkegel (hellviolette Farbe) über eine 3-dimensionale Sphäre gelagert, die als dunkelvioletter Kreis repräsentiert ist, weil die dritte Dimension nicht dargestellt werden kann. Das hellviolette Volumen wird kausaler Diamand genannt. … Die schrägen Linien stellen drei der unendlichen Pfade dar, die p und q verbinden, jeder Pfad steht für eine ander Geschichte (history) in dem Sinne wie sie von Feynmann zugeordnet und von Bousso gekürzt dargestellt wurde. … Das Alexandrow Interval wird begrenzt durch die obere Spitze des Kegels, ein Teil des Vergangenheitslichtkegels von q und die untere Spitze des Kegels, ein Teil des Zukunftslichtkegels von p und umfassen auf diese Weise die gesamte Untermenge der Punkte in dem (rosafarbige) Doppelkegeln,…“. [Übers. d. Verf.]6

Abb. 4 zeigt das Penrose Diagramm einen sphärischen kausalen Diamanten (KD) in einer maximal symmetrischen positiv gekrümmten Raumzeit (DE-Sitter) für eine kugelförmige raumartige Region Σ (hier als Kreisfläche dargestellt) mit einer schwindenden äußere Krümmung ∂∑ der Region Σ.
Die Vergangenheits- und Zukunftseckpunkte des Diamanten sind mit p bzw. p‘ (= q in Abb. 3) bezeichnet, H bezeichnet die Null Grenze (der Licht (oder Null) Geodäten. Die gestrichelten Pfeile sind die Flusslinien der konformen Killing Vektoren ζ deren Fluss die Grenze (boundary) des Diamanten in sich selbst schickt und dann in ∂ Σ, p und p‘ verschwindet.
Die Überschneidung des Zukunftslichtkegels des Punktes p‘ und des Vergangenheitslichtkegels des Punktes p wird als „Rand (edge) des Diamanten“ bezeichnet. Der „Rand“ ist die „Grenze (boundary) ∂Σ der (d-1) dimensionalen kugelförmigen Region Σ.
Die möglichen Symmetrien solcher Diamanten sind Rotation der p-p‚ Linie, Reflektion bezüglich Σ und konforme Symmetrie. 7 Wenn eine Gruppe von Punkten durch Xi dxi verschoben werden kann und alle Abstandsbeziehungen erhalten bleiben, [wenn es sich also um eine Isometrie handelt], dann ist das Vektorfeld ein Killing-Vektorfeld. [20] Ein Killing-Vektorfeld (benannt nach dem deutschen Mathematiker Wilhelm Killing) ist ein Vektorfeld auf einer Riemann’schen Mannigfaltigkeit , das bei Koordinatentransformation die Metrik erhält. Killing-Vektorfelder sind die infinitesimalen Generatoren (Erzeuger) von Isometrien. Da die Isometrie des DE-Sitter Raums die Lorentz-Gruppe 0(1, n) ist, besitzt die Metrik n(n+1) / 2 u unabhängige Killing Vektor Felder.8
Die Entfernung des kosmologischen Ereignishorizontes beträgt gegenwärtig ca. 46 Mrd. Lj., i.e. das Alter des Universums, 13,8 Mrd. Lj. + die in diesem Zeitraum durch die kosmische Expansion zurückgelegt Strecke von ca 33 Mrd. Lj. Mathematisch ergibt sich die Entfernung zum heutigen Partikelhorizont rp aus dem Integral über dem Kehrwert der Skalenfunktion. rp = c ∫0t0 a0 ⁄ a(t) dt. 9
Die Entdeckung der beschleunigten Ausdehnung unseres Kosmos hat zu einem erhöhten Interesse an der kosmologischen Konstante Λ geführt. Der Grund dafür ist, dass eine abstoßende, positive kosmologische Konstante Λ > 1 eine mögliche Ursache der exponentiellen kosmologischen Expansion unseres Universums sein kann.
Dieses Interesse hat sich aus zwei Gründen auch auf die De-Sitter (DS) Raumzeit ausgedehnt:
(1) der DS Raum ist die symmetrischste Lösung der Einstein Gleichungen mit positiver kosmologischer Konstante.
2) Gemäß dem kosmologischen „No-hair“ Theorem nähert sich jedes ewig expandierende Universum mit positiver kosmologischer Konstante asymptotisch einer DS Raumzeit an. Unser Universum könnte, wie bereits festgestellt, ein Beispiel für einen solchen asymptotischen DS Raum sein. 10
- G.W. Gibbons und S.W. Hawking, „Cosmological event horizons, thermodynamics,and particle creation“, in: PHYSICAL REVIEW D, VOLUME 15, NUMBER 10, l5 MAY 1977, p. 2739, [Digitale Ausgabe], URL: https://pdfs.semanticscholar.org/3ded/6fa16dcae21351cd39a2981dfaba5a630871.pdf?_ga=2.229430300.1818487664.1612701961-852032688.1612538399; vgl. auch Cesar Arias,Felipe Diaz and Per Sundell, De Sitter space and entanglement, 2019 © 2019 IOP Publishing Ltd, Classical and Quantum Gravity, Volume 37, Number 1. pp. 1, 7, 12 [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/1901.04554.pdf [Übers. d. Verf.] ↩︎
- Ib. [Übers. d.Verf.] ↩︎
- Ib. ↩︎
- Dionysios Anninos, De Sitter Musings, Stanford University, Stanford, 2013, p. 3, [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/1205.3855.pdf ↩︎
- Ib. ↩︎
- What is a Root Cause? General Relativity Answer. „Causal Diamonds and Histories“ Graphene® Beverage Packaging Experts, [Digitale Ausgabe], URL: https://graphene.limited/designer-portal/root-cause-analysis/what-is-a-root-cause-/root-cause-and-general/index.html ↩︎
- Ted Jacobson und Manus Visser, Gravitational thermodynamics of causal diamonds in (A)dS, University of Maryland und University of Amsterdam, pp. 3, 6 seqq., [Digitale Ausgabe], URL: https://scipost.org/SciPostPhys.7.6.079 ↩︎
- Ib., pp. 3,6 seqq. ↩︎
- Artikel, „Beobachtbares Universum“, in: Wikipedia, [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Beobachtbares_Universum; vgl. auch https://de.wikipedia.org/wiki/Skalenfaktor ↩︎
- Artikel „Killing Vectors“, in: Wolfram MathWorld, Wolfram Web Resources, [Digitale Ausgabe], URL: https://mathworld.wolfram.com/KillingVectors.html ↩︎
