5.6.6.5 Die Zukunft des Menschen in einem
metastabilen De-Sitter Kosmos
1. Die Zusammensetzung unseres Universums
Unser Universum enthält zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits nur (noch) ca. 5% baryonische Materie, ca. 25% unbekannte dunkle Materie, aber ca. 70% dunkle Energie (= kosmologische Konstante). Es scheint daher bereits in eine zunehmend materiefreie, von einer positiven kosmologischer Konstante angetriebene, zweite DE-Sitter Phase eingetreten zu sein. Daher gewinnt die Frage nach einer Anwendbarkeit des holografischen Prinzips auf eine DE-Sitter Raumzeit wachsende Bedeutung und bedarf daher einer Überprüfung.1
2. Die beschleunigte Expansion.
Der amerikanische Physiker Dionysios Anninos beschreibt unsere Zukunft in einem möglichen metastabilen DE-Sitter Universum folgendermaßen:
„Wenn die beschleunigte Expansion unseres Universums andauert, werden wir schließlich auf einen kalten und einsamen Kosmos zusteuern. Die größten Strukturen, angefangen mit den Supersternhaufen gefolgt von den galaktischen Sternhaufen werden sich etwa in den nächsten 100 Milliarden Jahren von unserer Lokalen Gruppe entfernen und schließlich verschwinden, bis nur noch die Verschmelzung von Milchstraße und Andromeda Nebel übrig bleibt.
Nach noch längeren Zeiträumen von etwa 1 Billiarden Jahren wird sich die gesamte kosmische Strahlung so weit ausgedehnt haben, dass sie den kosmologischen Horizont überschritten haben wird.
Die Ära der Sterne gelangt in etwa 100 Billiarden Jahre an ihr Ende. Unsere gesamte beobachtbare Welt wird durch thermische und Quanten-Fluktuationen in einem strukturlosen kosmischen Hohlraum [‚static patch‚] mit einer Hawking Temperatur von 10-29K bestimmt sein. Die Hauptenergiequelle wird aus der „unverdünnten“ kosmologischen Konstante stammen,.. . Wir werden durch einen gewaltigen kosmologischen Horizont mit einer Größe von ca. 17 Milliarden Lj, von allen anderen Welten getrennt sein.“2
Abb. 2 „Die Galaxien der Lokalen Gruppe. Das Bild beruht auf einer Zeichnung von Dr. Bruno Binggeli, Universität Basel, und stellt alle Galaxien im selben Maßstab dar. Man sieht, daß Zwerggalaxien sowohl leuchtschwächer sind, als auch eine geringere Sterndichte besitzen. Außerdem zeigen sie keine Spiralstruktur.„
3. Die Metastabilität des DE-Sitter Raumzeit.
Abb. 3 Ein labiles System verlässt seinen Ausgangszustand nach einer infinitesimalen Störung und kehrt nicht zurück.
Abb. 4 Ein metastabiles System: Zustand 1 ist gegenüber kleinen Störungen stabil und geht bei großen Störungen in Zustand 3 über. Zustand 2 ist labil.
Auf Grund verschiedener Hinweise (Stringtheorie, Beobachtungen) geht man heute davon aus, das der DE-Sitter Raum wahrscheinlich metastabil ist. In einer metastabilen DE-Sitter Raumzeit „besitzt jedes Objekt nur eine endliche Lebenserwartung, da es [irgendwann] einem Vakuumzerfall ausgesetzt ist“.
Sitender Pratap Kashyap, Swapnamay Mondal, Ashoke Sen und Mritunjay Verma legen in „Surviving in a Metastable de Sitter Space-Time“ (2015) dar dass eine
„…Zivilisation auf Grund des Auseinanderstrebens des Universums in verschiedene Regionen, die zukünftig ihren kausalen Zusammenhalt verlieren werden, dennoch ihre kollektive Lebenserwartung steigern können. Die Lebenserwartung zweier mitbewegter Objekte ist eine Funktion des Beginns der Abtrennung [der Regionen], dem Horizontradius [in unserem Kosmos zur Zeit 43 Mrd. Lj.] und der Zerfallsrate des Vakuums. Selbst bei einem bescheidenen Beginn der Abspaltung kann die Lebenserwartung einen Wert erreichen, der nahe bei dem maximal möglichen Wert des 1.5 fachen des Wertes eines einzelnen Objektes liegt,wenn die Zerfallsrate weniger als 1% der Expansionsrate beträgt.
Allerdings ist eine genauere Prognose auf Grund der unzureichenden Datenlage nicht möglich. Wir kennen nur das Alter unseres Universums (1,38 x 1038) Jahre. Wir können schließen, dass die inverse Zerfallsrate – für einen exponentiellen Zerfall unterscheidet sich die inverse Zerfallsrate von der halben Lebenszeit um den Faktor ln 2 – wenigstens von der gleichen Größenordnung ist.3
Typischerweise erfolgt der Zerfall eines metastabilen Vakuums durch Blasennukleation. In einer kleinen Region der Raumzeit vollzieht das Universum den Übergang zu einem stabileren Zustand und diese Blase stabilen Vakuums expandiert mit einer Geschwindigkeit, die sich asymptotisch der Lichtgeschwindigkeit annähert. Dabei verwandelt sie alle anderen Bereiche, die sie durch ihre Expansion erreicht, ebenfalls in eine stabile Phase (vgl. Abb. 4).
Die Expansion der Blase ist wegen ihrer beschleunigten Ausdehnung nicht beobachtbar bevor sie uns erreicht. Doch auf Grund des Zukunftshorizontes im DE-Sitter Raum kann auch eine lichtschnell sich ausbreitende Blase nicht den gesamten Raum bis zur Zukunftsunendlichkeit ausfüllen. Wenn die Expansionsrate des Universums im DE-Sitter Raum die Zerfallsgeschwindigkeit entsprechend der Phasentransition übersteigt, dann können Blasen eines stabilen Vakuums auch nicht zusammen den gesamten Raum ausfüllen und es wird immer Regionen geben, die weiterhin in einem metastabilen Zustand verharren. Trotzdem wird jeder Beobachter früher oder später auf eine expandierende Blase mit stabilem Vakuum treffen und die Wahrscheinlichkeit des Zerfalls pro Zeiteinheit bestimmt die inverse Zerfallsrate des Beobachters im metastabilem Vakuum.
Dies legt nahe, das ein einzelner Beobachter zwar immer nur eine begrenzte durchschnittliche Lebensspanne haben wird,.. eine Zivilisation hingegen gemeinsam ihre Lebensdauer verlängern könnte, indem sie sich ausbreitet und in verschiedenen Teilen des Universums unterschiedliche Zivilisationen errichtet. Wenn die Blase stabilen Vakuums die Zivilisation – hinfort ‚Objekt‘ genannt – in einem frühen Stadien ihrer Ausbreitung trifft, dann hilft dies ihr nicht, weil die gleiche Blase sehr wahrscheinlich alle Objekte vernichten wird. Doch im Laufe der Zeit, werden verschiedene Objekte über ihre gegenseitigen Horizonte hinausgehen, und eine einzelne Blase stabilen Vakuums wird sie nicht alle vernichten können. Dies muss eindeutig die gemeinsame Lebenserwartung der Objekte steigern – definiert als Durchschnittswert der Zeit, zu der das letzte überlebende Objekt dem Vakuumzerfall ausgesetzt ist, obwohl es keine Möglichkeit geben wird vorauszusagen, welches Objekt am längsten überlebt.“ [Übers. d. Verf.].4
- Sebastian Jäger, Conserved quantities in asymptotically de Sitter spacetimes, Georg-August-Universit, Göttingen, 2008, p. 5, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.theorie.physik.uni-goettingen.de/forschung/qft/theses/dipl/Jaeger.pdf ↩︎
- Dionysios Anninos, De Sitter Musings, Stanford Institute of Theoretical Physics, Stanford University, Stanford, p. 2, [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/1205.3855.pdf; ↩︎
- Sitender Pratap Kashyap, Swapnamay Mondal, Ashoke Sena, Mritunjay Verma, Surviving in a Metastable de Sitter Space-Time, Harish-Chandra Research Institute, Allahabad, India School of Physics, Korea Institute for Advanced Study, Seoul, Korea International Centre for Theoretical Sciences, Malleshwaram, Bengaluru – India, 1. August 2015, pp. 2 seqq., [Digitale Ausgabe], URL: URL: https://arxiv.org/pdf/1506.00772.pdf ↩︎
- Ib. ↩︎


