5.6.4 Die Entdeckung der holografischen AdS/CFT
Korrespondenz
„Ein wesentliches Merkmal der AdS/CFT Korrespondenz [vgl. 5.6.1], i.e. die Korrespondenz zwischen einem Anti-DE-Sitter Raum und einer konformen Feldtheorie [vgl. 5.5.3.2] ist, dass ein Model der Quantentheorie in vier Raumzeit-Dimensionen [d4] und ein Model der klassischen Relativitätstheorie in fünf Dimensionen [d5], also einer Dimension mehr, zueinander in Beziehung gesetzt werden.
In Abb. 1 ist eine AdS/CFT Korrespondenz dargestellt. Die Abbildung zeigt eine zweidimensionale kreisförmige Fläche, die unsere vierdimensionale, flache (nicht gekrümmte Raumzeit) symbolisiert. Diese wird als Minkowski-Raum bezeichnet. In diesem Raum laufen physikalische Prozesse nach den Gesetzen der Quantenphysik ab. Gleichzeitig ist diese Fläche der Rand eines gekrümmten Raums von hyberbolischer Form, der als Anti-De-Sitter Raum bezeichnet wird (vgl. 5.4.2.1) In diesem Raum unterliegen physikalische Prozesse den Gesetzen der klassischen Relativitätstheorie. Der Raum der Relativitätstheorie hat eine Dimension mehr als der Raum der Quantentheorie. Diese zusätzliche Dimension wird als holografische Dimension bezeichnet, da die AdS/CFT Korrespondenz einem Hologramm ähnelt, bei dem eine zweidimensionale Abbildung ein dreidimensionales Bild erzeugt. Ebenso sind bei der AdS/CFT-Korrespondenz der Informationsgehalt der vierdimensionalen und der fünfdimensionalen Theorie gleich.
In Abb. 1 ist der physikalische Prozess der Bewegung eines Teilchens von A nach B dargestellt, wobei die Punkte A unded B im Minkowski-Raum und damit gleichzeitig auf dem Rand des Anti-de Sitter-Raums (vgl. 5.5.2.1) liegen. Das Teilchen wird in beiden Theorien durch ein Feld f beschrieben. Die AdS/CFT-Korrespondenz besagt nun, dass die Bewegung innerhalb des Minkowski-Raums, die in Abb. 1 mit der blauen Schlangenlinie dargestellt ist, nach den Gesetzen der Quantentheorie erfolgt und , äquivalent ist zur klassischen Bewegung entlang der roten Kurve durch den Anti-de Sitter-Raum, die nach den Gesetzen der Relativitätstheorie erfolgt. In einigen Spezialfällen ist es sogar so, dass die beiden unterschiedlichen Beschreibungen der physikalischen Prozesse und Observablen auch numerisch exakt denselben Wert liefern.“1

Abb.1 AdS/CFT Korrespondenz (Maldacena-Dualität)2
Durch die holografische Dualität zwischen der Gravitationstheorie einer Anti-De-Sitter Raumzeit (AdS) und einer konformen Quantenfeldtheorie (CFT) auf der Grenzoberfläche der AdS Raumzeit sind Quanteninformationseinheiten der CFT mit geometrischen Objekten in AdS Raum verknüpft.“ 3
Die Entdeckung des „holografischen Prinzips“ (vgl. 5.1 und 5.4.2) hat in der Folgezeit zahlreiche Untersuchungen unterschiedlicher Raumzeit Geometrien angeregt.
Die Grundidee der Holografie, dass die Physik eines Raumregion-Volumen (des Bulk) durch die „fundamentalen Freiheitsgrade [d.h. die Anzahl der zur Beschreibung eines (thermodynamischen) Systems unabhängigen Zustandsgrößen, z. B. Druck, Temperatur, Teilchenzahl, Entropie, etc.] auf der Grenzfläche [seines Volumens] beschrieben werden kann „, war von t’Hofft und Susskind auf die Quantengravitation angewendet worden. 4
„In den letzten Jahren wurden viele Entdeckungen gemacht, die eine enge Beziehung zwischen Quanteninformation und Geometrie im Kontext der AdS/CFT Korrespondenz offenbarten (vgl. 5.5.2.1 und 4.6.5.1), vgl. auch 5.4.2).
Die Untersuchungen t’Hoofts und Susskinds, welche zur Entdeckung des holografischen Prinzips führten, nahmen ihren Ausgangspunkt bei der Stringtheorie (vgl. oben, Quantengravitation). Stringtheoretiker gehen „.. gewöhnlich davon aus, dass die zehndimensionale String Theorie oder die elfdimensionale M-Theorie unsere vierdimensionale Raumzeit durch Kompaktifizierung hervorbringen, d.h. durch eine „Aufrollung“ der Extra – Dimensionen in Planckgröße (d6 – d10 (11)).
Diese Kompaktifizierung führt zu Entstehung sechs- bzw siebendimensionaler Strukturen, (sogenannter Calabi-Yau Mannigfaltigkeiten).
Abb. 2 Quintic, 2d-Schnitt durch eine Calabi Yau Mannigfaltigkeit, erstellt mit Mathematica von Benutzer: Florian
Die Zahl der möglichen Calabi-Yau Mannigfaltigkeiten hat man auf gigantische 10500 (bis 1000) geschätzt. Jeder dieser unterschiedlichen Kompaktifizierungen entspricht ein anderer Vakuumzustand (Raumzeit), der unterschiedliche physikalische Theorien (Physiken) bedingt]5
Damit eröffnet die M-Theorie auch die Option der Existenz eines Multiversums (vgl. auch 5.5.7).6
Abb. 3 Juan Maldacena an der Harvard University
Juan Maldacena (geb. 1968, Buenos Aires, Argentinien) konkretisierte im Jahr 1998 das „holografische Prinzip“, indem er einen ganz neuen Weg der Beschreibung der vierdimensionalen Raumzeit durch die String-und M-Theorie beschritt. Er betrachtete die nicht-kompaktifizierten Dimensionen der Raumzeit (x1, x2, x3, t) als Anti-De Sitter Raumzeit, die äquivalent zu einer N = 4 Super Yang-Mills Theorie ist.
Maldacena zeigte, dass die Anti-De-Sitter Raumzeit ein Hologramm sein könnte (vgl. 5.4.2.1). Er postulierte, dass eine Variante der Stringtheorie – die IIB Superstring Theorie – auf einer AdS5 x S5 Raumzeit, also einem AdS5 Raum – eingebettet in in eine sphärische fünfdimensionale Minkowski Raumzeit (S5) – mit einer vierdimensionalen Yang – Mill Theorie – auf der Grenzfläche des AdS5 Raums (CFT) – korrespondiert (AdS5/CFT4 Korrespondenz). 7
Unser Universum ist jedoch keine hyperbolische, auf sich selbst zurückgekrümmte Anti-De-Sitter Raumzeit. Vielmehr gehen Kosmologen davon aus, dass unsere Raumzeit Geometrie flach ist.8.
Neueste Untersuchungen legen jedoch nahe, dass das „holografische Prinzip“ auch auf unser Universum angewendet werden kann.9
- Johanna Erdmenger und Ingo Kirsch, Neue Zusammenhänge zwischen Quanten- und Relativitätstheorie, „Konforme Symmetrie“, in: Humboldt Spektrum. 1 (2003), S. 33, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=&ved=2ahUKEwiR26ScoZrxAhULM-wKHUrnCr4QFjABegQIAxAD&url=https%3A%2F%2Fwww.hu-berlin.de%2Fde%2Fforschung%2Fszf%2Fforschungsmanagement%2Fveroeffentlichungen%2Fspektrum%2Ferdmenger.pdf&usg=AOvVaw3LuS9Vj_NgkKub5tuNoKJB; vgl. auch Maliborski, Maciej; Schell, Christian, Stabil oder nicht stabil? „Eine Raumzeit auf dem Prüfstand„, in: Forschungsbericht 2015 – Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik, [Digitale Ausgabe], URL: https://wwew.mpg.de/9830084 ↩︎
- Raimund Abt,Implementing Aspects of Quantum Information into the AdS/CFT Correspondence, Dissertation, Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Würzburg, 2019, p. i, [Digitale Ausgabe], URL: https://inspirehep.net/files/9a55098614effb243b28f0c417e275a2 ↩︎
- Joseph Stromberg, „But could our universe actually be a hologram – or does the idea only apply to hypothetical ones?“, in: Some physicists believe we’re living in a giant hologram – and it’s not that far-fetched, Vox, 29. Juni, 2015, [Digitale Ausgabe], URL: https://www.vox.com/2015/6/29/8847863/holographic-principle-universe-theory-physics – vgl. auch Juan Maldacena, The Large N Limit of Superconformal field theories and supergravity, Harvard University, Cambridge, pp. 1 seqq., [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/hep-th/9711200.pdf
Die Yang – Mill Theorie ist eine Quantenfeldtheorie, die die starke und schwache Kraft beschreibt. ↩︎ - Ibd. ↩︎
- Artikel „String theory, „[Digitale Ausgabe], URL: https://en.wikipedia.org/wiki/String_theory ↩︎
- Juan Maldacena, The Large N Limit of Superconformal field theories and supergravity, Lyman Laboratory of Physics, Harvard University, Cambridge, January 22, 1998, pp. 1 seqq, [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/hep-th/9711200.pdf ↩︎
- Artikel „Anti-de-Sitter-Raum“ [Digitale Ausgabe], URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Anti-de-Sitter-Raum ↩︎
- Yoshiki Sato, Comments on Entanglement Entropy in the dS/CFT Correspondence, Department of Physics, Kyoto University Kyoto 606-8502, Japan, 2015, pp, 1seqq, [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/1501.04903.pdf ↩︎
- Mark Van Raamsdonk, Lectures on Gravity and Entanglement, University of British Columbia, 2016, p. 12, [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/1609.00026.pdf ↩︎


