7.3.2.6 Matthew J. Donalds Version der Many
Minds Interpretation der Quantenmechanik
Der britische Physiker und Mathematiker Matthew J. Donald legte 1997 eine Interpretation der Many-Minds Interpretation vor, die eine „physikalische Charakterisierung der [..] Struktur des Beobachters [als] ein[en] geeignetes Ziel der physikalische Theorie [betrachtet]“ und die Vorstellung vertritt, dass „ein Beobachter nicht nur durch die augenblickliche Struktur seines Gehirns definiert werden kann, sondern [dass] [die Geschichte seiner Gehirnfunktionen berücksichtigt werden muss.“ [Unterstreichung d. V.]
Abb. 1 Medizinische Illustration zeigt des limbischen Systems des menschlichen Gehirns : Corpus callosum, Gyrus cinguli, Epiphyse, Gyrus parahippocampalis, Mammilarkörper („Mammillary body“), Bulbus olfactorius („Olfactory bulb“), Amygdala, Hypothalamus, Thalamus, Fornix cerebri
Er argumentiert, dass die Geschichte der Gehirnfunktionen seit der Entstehung des Gehirns eines bestimmten einzelnen Menschen [mit dem Beginn seines Lebens] „ein wesentlicher Teil seiner Natur als ein Objekt darstellt über das sein Geist [‚mind‘] superveniert.“ Donald weist zudem die Behauptung zurück, dass „in jedem Augenblick eine kontinuierliche Unendlichkeit von Versionen eines Geistes (‚minds‘) existiert.
Ausgehend von einer universellen Gültigkeit der Quantentheorie sowohl für den Mikro– als auch für den Makrokosmos betrachtet er die Quantenmechanik als grundlegend im Rahmen eines „geschlossenen Systems (insbesondere „für das gesamte Universums“). Korrekt beschriebene Quantenzustände sieht Donald in der probabilistischen Verteilung von „festen Mustern“ („patterns“), die Teil einer universellen Superposition (Quantenwelle des Universums) sind und sich alle „in einem gewissen Sinne ereignen“.
Jedes Muster wird also realisiert, jedoch jeweils von einem anderen „Geist“ („mind“), i. e. „Versionen eines bestimmten Geistes, [eines Beobachters], die die gleiche Vergangenheit und den gleichen Namen teilen, aber unterschiedliche Gegenwarten und Zukünfte erfahren und nicht miteinander kommunizieren.
Die Wahrscheinlichkeit ein bestimmtes Muster zu ’sehen'[Apostrophierung d.Verf.] wird, zumindest approximativ, determiniert durch eine entsprechende Gewichtung des Quantenzustandes.“1 Doch wie wird die konkrete „Welt“ („world“), die wir erfahren aus der universellen Welle der Quantensuperpositionen „extrahiert„?.
Die durch einen Beobachter konkret erfahrbare „Welt“ ist nach Donald „sekundär und abgeleitet“ aus der „Korrelation“ (Interaktion) mit einem konkreten Beobachter, seinem Gehirn, letzlich also relativ.
Da Donald davon ausgeht, dass das Bewusstsein (mind) eine fundamentale Säule der Existenz ist, daher auch etwas eindeutig Festgelegtes sein muss, wirft er die Frage auf, „welche physikalischen Eigenschaften durch die Existenz eines mentalen Zustandes [mind]“ festgelegt sind und welche Eigenschaften nur von einer Wahrscheinlichkeit abhängig sind. .. Die psychophysikalische Doktrin der Supervenienz [‚vorherrschend in der modernen Philosophie‘] besagt, dass zwei Menschen sich mental nicht unterscheiden können, wenn sie sich nicht auch physikalisch unterscheiden.“
Der mentale Unterschied zweier Personen liegt nach Donald also in den „unterschiedlichen Geschichten der Muster ihrer Gehirnfunktionen“ (Hervorhebung d. Verf.), in den lebensgeschichtlich unterschiedlichen Prozessen des Feuerns ihrer Neuronen ihrer jeweiligen neuronalen Netzwerke, d. h. auch in den lebensgeschichtlich unterschiedlichen neuronalen Gedächtnisinhalten der Individuen. Die geschichtlichen Entwicklungen der Prozesse der neuronalen Informationsverarbeitung zweier Menschen werden jeweils zum „Objekt der Supervenienz„. Der „Beobachter“ wird von Donald letztlich „abstrakt als informationsverarbeitende Struktur [betrachtet], die sich physikalisch als eine Art objektiv realer quantenmechanische Struktur [e.g. Quantenwelle] manifestiert, die probabilistisch von einer Art universellen Quantenwelle [des Kosmos] abhängig ist.“
Donald vertritt hier keinen „naiven Realismus“, sondern die Vorstellung, dass „die physikalische Welt außerhalb des Beobachters nur als etwas existiert, das (beobachterunabhängige) Wahrscheinlichkeiten für seine (objektiv reale) gegenwärtige und zukünftige Existenz bietet.“
Was die Bedeutung von Wahrscheinlichkeit in seiner „Many-Minds“ Theorie betrifft, betont Donald die Relevanz einer entscheidungstheoretischen Erklärung des Begriffs „Wahrscheinlichkeit“ als Grundlage rationaler Entscheidungen für die Zukunft.2
Der Philosoph und Professor für Wissenschaftstheorie am King’s College in London, David Papineau, stellt dazu fest: „Rationale Akteure sollten solche Handlungen wählen, die die bekannte objektive Wahrscheinlichkeit gewünschter Resultate [in der Zukunft] maximiert.“3
- Harald Atmanspacher und Hans Primas, Epistemic and Ontic Quantum Realities, Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Freiburg und Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching; ETH-Zentrum, Zürich, 2003, pp. 1 secqq., [Digitale Ausgabe], URL: https://www.semanticscholar.org/paper/Epistemic-and-Ontic-Quantum-Realities-Atmanspacher-Primas/adf9a5fedc3fc430342a02695499101dcc29f13c ↩︎
- Matthew J. Donalds, On Many-Minds Interpretations of Quantum Theory, The Cavendish Laboratory, Cambridge, Great Britain, 1997, pp. 1 seccq., [Digitale Ausgabe], URL: https://arxiv.org/pdf/quant-ph/9703008.pdf ↩︎
- Ib. pp. 4 seccq. ↩︎

