6.2 Epistemologie und Ontologie der
holografischen Dualität
Da die Untersuchung des DE-Sitter Raums bis heute nicht abgeschlossen ist und noch keine überzeugende holografische Dualität zutage gefördert hat, die eine ähnliche Stringenz und Plausibilität wie die AdS/CFT Korrespondenz aufweist, hat die DeS/CFT Korrespondenz nach der Auffassung T. Vistarinis (V.) auch noch nicht die „Aufmerksamkeit der Philosophie erhalten, die sie verdient.“1
Im folgenden soll T. Vistarinis philosophische Herangehensweise an das Problem der Begründbarkeit einer Raumzeit-Emergenz aus einer holografischen Dualität im DE-Sitter Raum skizziert werden.

Abb.1 „Hi this is Tiziana, my holograph is human. (Università degli Studi di Chieti)“
- Was bedeutet „Raumzeit – Emergenz“?
Sowohl die AdS/CFT als auch die DeS/CFT Korrespondenz versuchen nachzuweisen, dass die Raumzeit nicht fundamental ist, sondern als Ergebnis der Korrespondenz zwischen einer dn dimensionalen Gravitationatheorie im Inneren (Bulk) der (Anti)De-Sitter Raumzeit und einer dn-1 dimensionalen konformen Quantenfeldtheorie auf der Grenzfläche (boundary) des Bulk emergiert.
Dabei bezieht sich die „Emergenz der Raumzeit“ in erster Linie auf die Entstehung des Raumes, genauer gesagt, auf die Entstehung von Räumen aus niedriger-dimensionalen Räumen. Doch im Unterschied zur AdS/CFT Korrespondenz, die als [weitgehend] bewiesen gelten kann, handelt es sich bei der DeS/CFT Korrespondenz noch eher um eine Konjektur.
„Während die AdS/CFT Korrespondenz“, so Vistarini „eine Situation beschreibt, in der die Entstehung räumlicher Dimensionen in der Bulk-Raumzeit eng mit der physikalischen Dynamik in der niedriger-dimensionalen Grenzfläche (boundary) in Zusammenhang steht, die diese räumlichen Dimensionen nicht aufweist, ist die DeS/CFT Korrespondenz eher dadurch motiviert, eine holografische Dualität zu finden, die die Emergenz der Zeitdimension in der Bulk-Raumzeit des De-Sitter Raumes erklären kann. Sie würde damit im Gegensatz zu der auf unser Universum nicht anwendbare AdS-Raumzeit eine realistische Bulk-Geometrie unseres Kosmos liefern können.“2
2. Die Emergenz des „Raumes“ in der AdS/CFT
Korrespondenz bzw. die Emergenz der „Zeit“ im Fall
der DeS/CFT Korrespondenz
Was versteht Vistarini unter Emergenz des „Raumes“ in der AdS/CFT Korrespondenz bzw. Emergenz der „Zeit“ im Fall der DeS/CFT Korrespondenz? Man kann feststellen, dass „die holografische Natur der AdS/CFT Korrespondenz gewöhnlich in der Tatsache gesehen wird, dass der ‚Radius‚ des Bulk [-Raumes] als interner Freiheitsgrad auf der Grenzfläche (boundary) ‚lebt‘. Genauer gesagt, der Radius erscheint als ‚das Gleiche wie‘ der Renormierungsgruppen [RG]-Fluss der Grenzfläche (boundary), wobei der ‚Radius‘ keine räumliche Dimension der Grenzfläche (boundary) ist [vgl. 5.6.9)
Es wird also angenommen, dass der Bulk-Radius aus der Dynamik der Grenzfläche (boundary) ‚emergiert‘. Im Fall der DeS/CFT Korrespondenz Konjektur wurde die gleiche Logik versuchsweise implementiert: doch hier beziehen sich qua Holografie zwei unterschiedliche Theorien aufeinander. Was aus der Grenzfläche (boundary) emergieren soll, ist die Zeitdimension des Bulk: Zeit entsteht aus zeitloser Dynamik der Grenzfläche. … „
Die Untersuchung einer möglichen holografischen Natur der Zeit ‚verlangt Theorien mit asymptotischen Strukturen, die sich von der AdS/CFT Korrespondenz unterscheiden.
Die DE-Sitter Bulk-Raumzeit besitzt eine Grenze (boundary) in der zeitartigen Unendlichkeit [i+]. Die Vorstellung einer Emergenz des „Raumes“ basiert“ nach Vistarini „auf der „allgemeine[n] Idee eines Kovarianz Energie-Radius, [die] besagt, dass einige Boundary-Informationen der Dualität, – die eine Eichfeld-Theorie beschreiben – die radiale Entwicklung von Bulkfeld-Informationen in Form von Energie Schwankungen enkodieren.
Physikalische Ereignisse, die in großer Entfernung von der Boudary im Bulk stattfinden, sind in der Boundary in Form von IR Prozessen enkodiert, wohingegen Ereignisse, die in kurzen Abständen von der Boundary stattfinden, in UV Prozessen enkodiert sind [vgl. 5.6.9]. Somit ‚ist‘ die radiale Dimension des Bulk, wo Strings ‚leben‘ ein interner Freiheitsgrad der Eichteilchen in der Boundary, die diese radiale Dimension nicht besitzt. In Parenthese, Boundary-Informationen kontrollieren ebenso holografisch das Erscheinen/Erscheinungsbild kompakter Extra-Dimensionen im Bulk. …
Allgemein gesagt, ist man daher davon ausgegangen, dass, wenn es eine Theorie der Quanten-Gravitation in der DE-Sitter Raumzeit gibt, ihr hypothetisches Dual eine zeitlose Quantenfeldtheorie über die Raumzeit-Grenze hinaus wäre. Eine derartige Theorie hätte die gleiche formale Struktur wie eine Quantenfeldtheorie auf einer raumartigen Grenze (boundary) Eine vollständige Theorie der Quantengravitation ist [jedoch] bisher noch nicht gelungen. Verschiedene Versuche die DE-Sitter Raumzeit als Lösung der String Theorie einzubetten hat keine befriedigende Resultate hervorgebracht. Das Fehlen konkreter String Kompaktifizierungen der DE-Sitter Raumzeit erschwert eine Formulierung und Überprüfung der DeS/CFT Konjektur in einem String Kontext.“3
Vistarini stellt in ihrem „paper“ grundsätzliche die Vorstellung infrage, man könne die holografische Dualität (AdS/CFT und DeS/CFT) heranziehen, um eine Emergenz der Raumzeit zu begründen, denn, so ihre These, die symmetrische mathematische und physikalische Natur der Holografie erklärt nicht die asymmetrische Natur der Emergenz.4
3. Supervenienz raumzeitliche Physik über nicht-
raumzeitliche Physik
„Wenn wir Emergenz der Raumzeit im philosophischen Sinne betrachten, dann muss“, schlussfolgert Vistarini, „raumzeitliche Physik über nicht-raumzeitliche Physik supervenieren können. Eine schwächere Option ..- wäre, dass eine Form von Raumzeit-Geometrie über eine andere Form von Raumzeit-Geometrie oder Struktur superveniert. Es sollte also gelten, dass Raumzeit-Geometrie nicht Teil einer „tieferen“ Theorie ist, sondern als ein neues Phänomen auftaucht. Die philosophische Standard-Annahme in AdS/CFT Kreisen besagt, dass die emergente Struktur ein Raum ohne Gravitation ist. Somit ist klar, das der Raum, der emergiert, mit der schwächeren Option […] korrespondiert: Quantengravitation ist aus der Eichtheorie ableitbar [i. e. der konformen Quantenfeldtheorie auf der Grenze des Bulk (boundary)] (Rickles, 2012, pp. 316-317).“5
Worauf läuft eine philosophische Sicht der Emergenz im Sinne der Supervenienz hinaus?“
Eine verbreitete Definition der Supervenienz von McLaughlin (1997) lautet: „Wenn P eine Eigenschaft von w ist, dann ist P emergent, wenn, und nur wenn
(1) P mit nomologischer Notwendigekeit, aber nicht mit logischer Notwendigkeit auf Eigenschaften, die die Teile von w getrennt angenommen haben oder in anderen Kombinationen superveniert und
(2) einige der Supervenienz Prinzipien, die Eigenschaften der Teile von w, mit P supernierenden w verbinden, fundamentale Gesetze sind. (McLaughlin, 1997, p. 39).
… Punkt (2) besagt,“ nach Vistarini, „dass, um festzulegen, ob eine physikalische Eigenschaft einer Struktur emergent ist, zuächst ein Kriterium für seine fundamentale Natur (fundamentality) benötigt wird.6
Diese Charakterkteriserung der Emergenz kann,“ so die Autorin „problemlos auf all die Fälle angewendet werden, bei denen die mutmaßlich emergente Eigenschaft auf Grund eines Mechanismus auftritt, der eine Veränderung der Größenordnung der Energie (oder der Länge) mit sich bringt.
4. „Formale Asymmetrie“ als Kriterium einer Emergenz
Die Ableitung der Lösungen der Allgemeinen Relativitätstheorie ist bei Wiedereinführung der konformen Invarianz auf der Quantenebene der Strings einer dieser Fälle. Die Veränderung der Größenordnung der Energie (oder Länge) ist formal in der Ableitung der Raumzeit der Allgemeinen Relativitätstheorie enkodiert, sodass in diesem Sinne die Ableitung selbst eine asymmetrische formale Struktur besitzt, die als Grundlage notwending ist. Dann stellt eine metaphysische Interpretation dieser formalen Asymmetrie hinsichtlich ihrer fundamentalen Natur ein bottom-up Ansatz dar: hinsichtlich der Planck Skala sind die physikalische Dynamiken fundamentaler als jene, die in größerer Skalen gültig sind.7
Mit anderen Worten, die formale Asymmetrie der Ableitung zusammen mit einer metaphysischen Interpretation (dem bottom-up Ansatz) dieser Asymmetrie liefert ein Kriterium ihrer grundlegenden Natur (fundamentality), das dann herangezogen werden kann, um festzulegen, ob eine Eigenschaft emergent ist.“ Vistarini spricht in diesem Zusammenhang auch von „konzeptionellem Schema“.
„Nun zeigt aber im Fall der holografischen Dualität nichts in seiner formalen Struktur eine Spur von Asymmetrie. Ein Element des dualen Paars kann vom anderen abgeleitet werden oder vice versa. Nichts in der formalen Kovarianz der physikalischen Parameter auf beiden Seiten der Dualität zeigt ungleiche Ebenen der Fundamentalität. Damit scheint sich holografische Dualität nicht in eine Emergenz auf der Grundlage der Supervenienz einzufügen…
5. Die Problematik einer Mehrfach-Realizierbarkeit
der Supervenienz
Ein weiteres Problem bezüglich der Supervenienz entsteht“, nach Auffassung Vistarinis „aus der Berücksichtigung eines seiner eigentümlichsten Merkmale.
Bevor sie in der Debatte über Raumzeit-Emergenz auftauchte wurde Supervenienz in die Philosophie des Geistes eingebracht, um einen Token Physikalismus, zu entwickeln, also eine Sichtweise, die die Typ-Typ Identität des Geistes bzw. Verstandes zu vermeiden vermag, ohne einen ontologischen Emergentismus des Geistes zuzulassen. Die Möglichkeit, dieses Ziel zu erreichen liegt in dem besonderen Merkmal, eine Mehrfach-Realizierbarkeit berücksichtigen zu können.
Eine Charakterisierung der Supervenienz, die darauf abzielt, die Eins-zu Eins Relation zu verletzen, wird gewöhnlich als irgendwie kanonisch betrachtet…
Doch die Anwendung des kanonischen Begriffs der Supervenienz im Kontext der holografischen Dualität erzeugt Probleme. Mehrfach-Realizierbarkeit widerspricht der Natur der Dualität, die vielmehr eine Eins-zu-Eins Korrespondenz darstellt – eine Konfiguration der radialen (zeitlichen) Entwicklung des Bulk Feldes ist in der Grenzfläche (boundary) „realisiert“ nur durch eine Konfiguration des RG Flusses.“8
Wenn wir aber eine Mehrfach-Realizierbarkeit der Supervenienz fallen lassen, kehren wir wieder zur Eins-zu-Eins Beziehung zurück und damit zu einer reduktionistischen Typ-Supervenienz, einer Typ-zu-Typ Identität, und damit auch zu einem reduktionistischen Begriff der Emergenz.
Doch auch, wenn symmetrische Supervenienz keine Supervenienz ist, können wir durch begriffliche Veränderung der Supervenienz, zur Vermeidung eines ontologischen Emergentismus, die Asymmetrie nicht loswerden. Die Ableitung der Theorie aus dem dualen Partner kann kaum als Träger einer Asymmetrie betrachtet werden.“
6. Scheitern der Begründung einer holografischen
Dualität durch epistemischen Emergenz
Im Folgenden schlägt Vistarini vor, auf der Grundlage eines auf der Extrapolation des doppelten Monismus Ansatzes beruhenden Modells, eine Versöhnung von holografischer Dualität und Raumzeit-Emergenz herbeizuführen.“9
Auch eine epistemische Emergenz vermag die holografischen Dualität nicht plausible zu begründen, da holografische Dualität auf Grund ihrer formalen Struktur weder zur Implementierung starker noch schwacher Raumzeit-Emergenz, bzw. Supervenienz-basierter Emergenz und epistemischem Emergentismus herangezogen werden kann.“
Epistemische Emergenz bezieht sich auf die Entstehung von etwas Neuem lediglich hinsichtlich der ‚Ordung des Wissens'“, wobei „das Neue derzeit – entweder faktisch schwache epistemische Emergenz oder prinzipiell schwache epistemische Emergenz – nicht voraussagbar ist.“10
„Die vielfältige, unterschiedliche und offensichtlich unverbundene Existenz der Phänomene kann vielleicht ‚erklärt‘ oder ‚reduziert“ werden durch die Exsistenz einer einmaligen ‚Struktur‘ (oder ‚Substanz‘), die sich durch vielfältige und unterschiedliche emergenzliche Aspekte (oder ‚Modi‘) manifestiert.
Allgemein gesagt, jeder Aspekt ist real und eindeutig. Jeder trägt zu der ‚Struktur‘ bei, indem er sich durch ein spezifisches Muster manifestiert. Es können zwei Aspekte sein zum Beispiel der Doppelaspekt Monismus (bei dem Leib-Seele Problem) oder eine begrenzte Zahl mehrerer oder sogar unendlich vieler Aspekte (in ‚Spinozas‚ Sichtweise).“
Vistarinis These lautet nun, dass der Aspekte-Struktur Zusammenhang als Supervenienz definiert wird. Doch diese Superveninez wird nicht in die holografische Dualität hineininterpretiert oder der holografische Dualität übergestülpt, wie bei dem Supervenienz-basierten Ansatz der Raumzeit-Emergenz. Vielmehr superveniert die holografische Dualität selbst auf eine zugrunde liegende Struktur.
Die Struktur der holografischen Dualität zwischen Eichfeld-Theorie [konformer Quantenfeldtheorie] und der Gravitationstheorie [im Bulk] … scheint eine mathematische und physikalische Instantiation dieses konzeptionellen Schemas zu sein, mit anderen Worten, das konzeptionelle Schema [i.e. das Doppelapekt – Monísmus Modell und die damit verbundene Argumentation Vistarinis] scheint der natürliche Kontext der philosophischen Interpretation der holografischen Dualität zu sein…
Die Idee, dass Gravitations- und Eichtheorie zwei wechselseitig irreduzible Manifestationen derselben zugrundeliegenden physikalischen Struktur sind, ist die wichtigste Annahme dieses metaphysische Ansatzes [Hervorhebung d. Verf.].
Sie rechtfertigt physikalisch Kovarianz physikalischer Muster, die gesondert auf jeder Seite [der Dualität] erscheinen. Und metaphysische Rechtfertigung legt gewöhnlich ein spezifisches theoretisches Bezugssystem nahe, in dem physikalische Erkenntnisse interpretiert werden können.
Wenn es sich zeigt, dass das Bezugsssystem empirisch angemessen ist, dann trägt die metaphysische Hypothese entscheidend zur physikalischen Bedeutung dieser Erkenntnisse bei. Doch es stellt sich die Frage:
7. Welche Art von physikalischem Mechanismus
deutet sich möglicherweise an, um diese Kovarianz
im Sinne des Doppelaspekt-Monismus physikalisch
zu erklären?
Die physikalische Ontologie dieser Theorie könnten mit physikalischen Entitäten bevölkert sein, die fundamentaler als Teilchen und Strings sind, die die beiden dualen Theorie bevölkern. Ihre Fundamentalität könnten durch die Tatsache beschrieben werden, dass solche physikalischen Einheiten sich verbinden, um das komplexe physikalische Szenario zu erzeugen, dass eine Dualität ins Sein bringt.
Ihre fundamentaleren Freiheitsgrade lassen vielleicht irgendwie die weniger fundamentalen Freiheitsgrade des dualen Paars entstehen, (in Paranthese um zu ’sehen‘, wie die eine Berechtigung des dualen Paares zur AdS und CFT Seite [der holografischen Dualität] passen..
Genauer gesagt, jeder physikalische Zustand auf jeder Seite der Dualität kann vielleicht so verstanden werden, dass er ein zugrundeliegendes Kombinationsmuster der fundamentalen Einheiten superveniert.
Doch in diesem Szenario haben wir nicht nur eine Menge physikalischer Zustände, wir finden auch eine Kovarianzbeziehung zwischen ihnen. Und diese Kovarianz zwischen ihnen kann auch als physikalische Beziehung interpretiert werden, die einige spezifischen Relationen zwischen fundamentalen Entitäten supervenieren.
Man kann vielleicht argumentieren, dass diese zugrundeliegenden Relationen verschränkte Zustände sind [Hervorhebung d. Verf.]. Somit würden die Verschränkungszustände der mutmaßlichen zugrundeliegenden Quantenfeldtheorie die Kovarianz auf der höheren Ebene kontrollieren, was formell in der holografischen Dualität ausgedrückt wird.
Wie kommt nun Raumzeit-Emergenz in diese Geschichte? Wie bereits gesagt, setzt holografische Dualität Observablen der einen Theorie mit Observablen der anderen Theorie in Beziehung.
Doch die holografische Dualität setzt keine Merkmale zueinander in Beziehung, die außerhalb des physikalischen Gehalts der beiden Theorien liegen. Diejenigen [Merkmale], die nicht berücksichtigt wurden, tragen zur Diversität der beiden dualen Theorien bei. Sie erklären ebenso vollständig die Irreduzibilität.
Und Raumzeit ist eines dieser vernachlässigten Merkmale.
Wie wir feststellten, als wir holografische Dualität in das konzeptuelle Schema einbrachten, gewinnen wir ein eindeutiges Kriterium, zur Festlegung dessen, was nicht fundamental ist. Gemäß dem konzeptionellen Schema sind beide duale Theorien nicht fundamental.
Aber auch die Dualitätsbeziehung ist nicht fundamental, da sie formell eine mutmaßliche physikalische Beziehung repräsentiert, die verschränkte Zustände der zugrundliegenden Dynamiken supervenieren würde
Die hier vorgestellte .. Hypothese besagt, dass die besondere Form der Diversität im Sinne zweier hypothetischer Fakten zu beschreiben ist.
Erstens sind die beiden Szenarien verschieden, weil sie vielleicht auf verschiedene dynamische Zustände supervenieren.. Zudem sind die beiden Szenarien dual (physikalisch äquivalent), weil die zugrundeliegenden Dynamiken, die sie jeweils supervenieren, vielleicht verschränkt sind. Damit würde ihre Dualitätsbeziehung ebenfalls eine physikalische Bedeutung gewinnen, nämlich die, eine Beziehung zu sein, die diese physikalische Verschränkung superveniert, eine Beziehung, (die sich formell in dem Wörterbuch .. widerspiegelte), [das die „Übersetzung“ von einer dualen Theorie in die andere ermöglicht].
Nun erscheint der physikalische Gehalt der jeweils anderen Theorie aus der Perspektive der Theorien des holografischen Paars wegen der Existenz des formalen Wörterbuchs, das die Brücke der Identität zwischen den beiden physikalischen Inhalt herstellt, nicht emergent zu sein.
Emergenz qua Supervenienz kann nur in der vertikalen Relation zwischen den dualen Paaren der Theorien und dem zugrundeliegenden komplexen Netzwerk verschränkter Zustände festgestellt werden, dass von der mutmaßlichen dritten Theorie prognostiziert wird.
Es ist wichtig, dass diese Emergenz qua Supervenienz nicht mit dem Begriff der Raumzeit-Emergenz identifiziert und verwechselt wird, wie sie traditionell in AdS/CFT Kreisen diskutiert wird, i.e. die Emergenz zusätzlicher Bulk Dimensionen aus der niedriger dimensionalen Grenzfläche [der Bulk-Raumzeit].
Holografische Dualität ist offensichtlich blind gegenüber Eigenschaften wie Raumzeit-Struktur, Zahl der Dimensionen und so weiter.
Es gibt kein Wörterbuch, um sie von einer Seite [der Theorie] in die andere [der Theorie] zu übersetzen .. Eine Struktur, der einen Theorie, die nicht durch die holografische Dualität in eine Struktur der anderen [Theorie] übersetzt wird, ist eine irreduzible Eigenschaft der Theorie. Diese Irreduzibilität trägt zu der gesamten Diversität beider Theorien bei, ohne jedoch ihre physikalische Äquivalenz zu zu durchbrechen.
Was noch wichtiger ist, diese Irreduzibilität ist korreliert mit einer Idee der Raumzeit-Emergenz, ohne in einem Spannungsverhältniss zu der symmetrischen Natur der holografischen Dualität [seiner physikalischen Äquivalenz, d. V.] zu stehen.
Die Raumzeit-Strukturen des Bulk und der Grenzfläche [boundary] (sowohl in AdS/CFT als auch in ds/CFT) werden von der holografischen Dualität nicht berührt.
Aus der theoretischen Perspektive der Boundary Theorie ist die gesamte Raumzeit eine Struktur, die auf nichts innerhalb ihrer eigenen Beschreibung der Welt reduziert werden kann. Daher ist sie innerhalb dieser Beschreibung emergent. Das gleiche gilt auch in umgekehrter Weise für die theoretische Perspektive des Bulk.“
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass .. [Vistarini] „die theoretischen Merkmale außerhalb des Anwendungsbereichs von Dualitäten heranzog, um einen Begriff der Irreduzibilität zu definieren. Dieser Begriff ist kompatible mit der physikalischen Äquivalenz der beiden dualen Theorien [Gravitationstheorie der Bulk Raumzeit ~ konforme Boundary Theorie der Grenzfläche, d.V.].
Er bringt seinerseits eine Definition der Raumzeit-Emergenz ein, der immer noch eine Art epistemischer Begriff ist, mit einer schwachen Asymmetrie, die jedesmal nur auf eine Weise interpretierbar ist (obwohl er insgesamt auf zwei Weisen interpretiert werden kann). Tatsächlich gründet sich die schwache Asymmetrie im Fall der Emergenz der Bulk-Raumzeit auf der Wahl der Perspektive der Boundary Theorie als privilegierter bzw. bevorzugtre Theorie. Die schwache Asymmetrie kann auf andere Weise interpretiert werden, indem man die metaphysische Annahme abändert und die Perspektive des Bulk als bevorzugte Theorie wählt.“11
- Tiziana Vistarini, Holographic space and time: Emergent in what sense? Studies in History and Philosophyof Modern Physics, 59 (2017), pp. 126-135,
here: p. 126 [Digitale Ausgabe], URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1355219816301137?casa_token=JwwAWqpj-y8AAAAA:El70d6tz_qi-JxTs32JUPuq1ZJ2Pe1t5YDtRJe-qafTed-msWGegBoozEnskESu-SQIGw3r4ZHE [Übersetzung d. Verf.] ↩︎ - Ib. 126 seq. ↩︎
- Ib. p. 129 ↩︎
- Ib. p. 131 ↩︎
- Ib. p. 130, 5.6 ↩︎
- Ib. p. 131 ↩︎
- Ib. ↩︎
- Ib. ↩︎
- Tiziana Vistarini, Holographic space and time: Emergent in what sense? Studies in History and Philosophyof Modern Physics, 59 (2017), pp. 126-135,
here: p. 132 [Digitale Ausgabe], URL: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1355219816301137?casa_token=JwwAWqpj-y8AAAAA:El70d6tz_qi-JxTs32JUPuq1ZJ2Pe1t5YDtRJe-qafTed-msWGegBoozEnskESu-SQIGw3r4ZHE [Übersetzung d. Verf.] ↩︎ - „Emergenz“, in: Forum-Grenzfragen, 27. Oktober, 2015,[Digitale Ausgabe], URL: https://www.forum-grenzfragen.de/glossary/emergenz/ ↩︎
- Ib. p. 134 ↩︎
